Stillen: Wunde Brustwarzen – mögliche Ursachen und erste Hilfe
Stillen kann dir viele wunderschöne Momente schenken. Doch leider auch gleichzeitig starken Schmerz. Besonders oft liegt der Grund für diese Beschwerden in wunden Brustwarzen. Sie sind der häufigste Grund für Stillprobleme. Das ist meine Erfahrung aus meiner langjährigen Tätigkeit als Hebamme und diesen Eindruck bestätigen auch wissenschaftliche Studien. Gleichzeitig habe ich auch festgestellt, dass oft schon kleine Tipps und Hilfen für entscheidende Verbesserungen sorgen können. Daher habe ich dir in diesem Artikel mein Wissen und Ratschläge zusammengestellt, damit das Stillen für dich und dein Kind wieder angenehm wird.
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Wunde Brustwarzen – das kann die Ursache sein
Früher wurde oft gesagt, dass Schmerzen beim Stillen normal sind. Aber das stimmt nicht! Natürlich muss sich deine Brust erst an das Abenteuer Stillen gewöhnen. Ohne Zweifel ist das eine Herausforderung für das empfindliche Gewebe. Doch Schmerzen sollen dabei nicht sein. Im Gegenteil. Stillen soll für Mutter und Kind eine komfortable und einfach natürliche Situation sein. Wenn Schmerzen auftreten, liegt in den allermeisten Fällen eine dieser Ursachen vor:
- Anlegen: Beim Stillen soll dein Baby neben der Brustwarze auch einen möglichst großen Teil des Warzenhofes mit seinem Mund erfassen. Daher ist es wichtig, auf das richtige Anlegen zu achten. Wenn dein Kind deine empfindliche Brustwarze ungünstig erfasst oder nur einen kleinen Teil davon, wird sie in seinem Mund verformt oder vom Kiefer gequetscht.
- Form der Brustwarze: Grundsätzlich eignen sich alle Formen der Brustwarze zum Stillen. Hast du eine flache oder nach innen gezogene Brustwarze, kann sie unter Umständen für dein Baby schwieriger zu fassen sein. Wenn der Mund dann nicht richtig angelegt ist, sind Verletzungen an der Brustwarze möglich.
- Abdocken: Ist die Stillmahlzeit vorbei, löst sich der Mund deines Kindes von deiner Brust. Geschieht das zu plötzlich oder heftig, kann die Haut an der Brustwarze einreißen.
- Saugtechnik: Ist dein Baby ein Frühchen oder hat es ein zu kurzes Zungenbändchen oder Lippenbändchen, kann es womöglich nicht richtig an deiner Brust saugen. Diese Saugtechnik ist ein Grund für wunde Brustwarzen und kann auch zu einem schmerzhaften Milchstau führen.
- Motorische Blockade: Die Vorgänge im Geburtskanal oder auch bei einem Kaiserschnitt haben die Muskulatur und das Skelett deines Schatzes stark beansprucht. Mögliche Folgen können eine Blockade bestimmter Wirbel sein, die das Stillen erschweren.
- Soor-Infektion: Bei dieser Infektion befällt ein Hefepilz die Brust. Folgen sind eine juckende, brennende Brustwarze mit kleinen Rissen oder auch Bläschen. Zudem kann der Soor auch auf das Baby übergehen und dort zu Mundsoor oder Windelsoor führen.
- Vasospasmus: Das sind schmerzhafte Gefäßkrämpfe in der Brustwarze. Die kleinen Blutgefäße in der Brustwarze ziehen sich zusammen, dadurch wird die Brustwarze nicht mehr mit genügend Blut versorgt. Dieses Phänomen kennen auch viele Nicht-Mütter als Raynaud-Syndrom. Dabei krampfen die Blutgefäße an Händen und Füßen. Ursache ist oft Kälte.
Mein Tipp: Wenn deine Brustwarze wund oder sogar blutig ist, oder du beim Stillen Schmerzen in deiner Brust verspürst, darfst und sollst du dir ruhig Unterstützung holen. Deine Hebamme oder eine Stillberaterin sind gute Ansprechpartnerinnen. Vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt und beim Milcheinschuss ist liebevolle und geduldige Hilfe wichtig, damit der Stillstart für alle Beteiligten gelingt und zu einem positiven Erlebnis wird.
Was hilft bei wunden Brustwarzen?
Du hast eine schmerzhafte, entzündete oder sogar blutige Brustwarze? Dann brauchst du schnelle Hilfe. Diese Maßnahmen haben sich bewährt:
- Korrektes Anlegen: Schau – gerne auch mit deiner Hebamme oder einer Stillberaterin – ob dein Baby richtig an der Brust liegt. So kann es die Milch gut trinken und schont deine Brustwarze. Manchmal hilft es auch, die Stillposition zu wechseln.
- Richtiges Abdocken: Wenn dein Kind die Brustwarze nach dem Stillen nicht loslässt, hilft ein Trick für schonendes Abdocken. Um den Sog zu lösen, den dein Schatz beim Saugen aufgebaut hat, kannst du vorsichtig deinen kleinen Finger an den Rand seines Mundes legen. Nun führst du ihn zwischen Mundwinkel und Brustwarze. So hebst du das Vakuum auf und kannst anschließend deine Brust aus seinem Mund herausnehmen.
- Pflege: Damit offene Wunden besser heilen, kannst du einige Tropfen Muttermilch auf deiner Brustwarze trocknen lassen. Denn Muttermilch hat eine entzündungshemmende Wirkung. Auch hochwertige Lanolin-Salbe kannst du dünn auftragen. Greife zu solchen Cremes, die du vor dem Stillen nicht entfernen musst. Heilwolle eignet sich für Brustwarzen, die nur wund, aber noch nicht offen sind.
- Feuchte Wundheilung: Hierbei wird eine ideale Umgebung geschaffen, die die Wunde vor Austrocknung und eindringenden Keimen schützt. Für die Brust gibt es spezielle Wundauflagen wie Gel-Pads. Sie halten die wunde Stelle feucht und können die Wundheilung beschleunigen. Lege die Gel-Pads ungefähr 10 Minuten mit in deinen Still-BH – dann kannst du sie in den Kühlschrank legen und eventuell nochmal nutzen. Gelreste brauchst du nicht zu entfernen.
- Sanfte Reinigung: Über wunde Brustwarzen können Bakterien leichter eindringen. Achte daher auf eine sanfte Reinigung. Wasche die Brustwarzen vorsichtig mit warmem Wasser und reinige dir vor dem Stillen die Hände. Beim Duschen oder Baden solltest du pH-neutrale Seife verwenden.
- Frische Luft: Vielen stillenden Frauen hilft es, frische Luft an die wunden Brustwarzen zu lassen. Ist es dir zu frisch, kannst du eine Strickjacke oder auch einen Blazer anziehen und ihn vorne offen lassen. Auch ein Bauchband aus deiner Schwangerschaft leistet hier gute Dienste. Ziehe es einfach über die Nieren bis knapp unter die Brust.
- Brust-Donut: Für stillende Mütter mit empfindlichen oder wunden Brustwarzen und auch bei Vasospasmus haben Hebammen-Kolleginnen aus Österreich den Wiener Brust-Donut entwickelt. Durch diesen schonenden Ring aus Stilleinlagen und Schlauchverband steht die Brustwarze besser im BH und die Blutgefäße werden nicht eingedrückt. Eine Anleitung für den Brust-Donut findest du in unseren Kursen.
- Stilleinlagen: Sie bieten dir gleich doppelte Unterstützung. Denn Stilleinlagen saugen überschüssige Milch auf. Gleichzeitig schützen sie die Haut deiner empfindlichen Brustwarzen mit ihrer weichen Innenseite vor unangenehmer Reibung an der Kleidung.
- Brustwarzenschutz: Noch mehr Schutz als Stilleinlagen vermittelt ein Brustwarzenschutz. Er wird um die Brustwarze gelegt und verhindert so den Kontakt zur Kleidung. Diesen Schutz gibt es beispielsweise aus Silikon oder Schaumstoff und in verschiedensten Formen. Hier kannst du ausprobieren, was für dich am angenehmsten ist.
- Medikamente: Bei Soor oder auch entzündeten Brustwarzen helfen Medikamente. Meist werden Salben verordnet, die du dünn aufträgst. Sprich mit deinem Arzt, deiner Ärztin oder deiner Hebamme.
- Ärztliche Hilfe: Besteht der Verdacht, dass dein Baby eine motorische Blockade oder ein zu kurzes Zungenbändchen hat, können weitere ärztliche Therapien helfen. Osteopathen wissen, wie sie Muskeln lockern und Knochen wieder in die richtige Position bringen. Einige Ärztinnen, Ärzte und Hebammenpraxen bieten auch eine Low-Level-Laser-Therapie an. Die kurzen Behandlungssitzungen können die Heilung wunder oder verletzter Brustwarzen fördern.
Soll ich abstillen, weil ich so starke Schmerzen beim Stillen habe?
Wunde Brustwarzen und damit einhergehende Symptome können zu einer Verschlimmerungsspirale beim Stillen führen. Vor allem in den ersten Wochen nach der Geburt ist das oft der Fall. Aufgrund der Schmerzen berichten stillende Mütter von negativen oder sogar angsterfüllten Still-Momenten. Diese Anspannung überträgt sich auf das Kind. Wenn es weniger oder ungünstig saugt, kann das zu weiteren Schmerzen oder auch einem Milchstau führen.
Viele stillende Frauen fragen sich dann vielleicht, ob sie mit dem Stillen aufhören sollten. Das ist eine individuelle Entscheidung, die ganz bei dir liegt. Bevor Stress, Angst und Schmerzen dich und dein Kind belasten, kann das die richtige Wahl sein. Vielleicht ist es aber auch eine Option, auf Hilfsmittel zurückzugreifen? Vor allem Stillhütchen und Milchpumpe können dich und dein Baby in akuten Situationen unterstützen. Der Einsatz sollte gut überlegt werden, ich empfehle dir eine Beratung durch deine Hebamme.
Du suchst nach weiteren Infos zum Thema Stillen? Sieh doch mal in unserem Ratgeber vorbei:
Hilfsmittel beim Stillen mit wunden Brustwarzen
Stillhütchen legst du auf deine schmerzenden Brustwarzen. Da sie aus Silikon sind, liegt eine schützende Schicht zwischen deiner Brustwarze und den Lippen deines Babys. Durch die Öffnungen kann es nun die Milch saugen. Mehr erfährst du in unserem Beitrag „Stillen mit Stillhütchen“.
Sind die Schmerzen besonders groß, kann auch eine Stillpause helfen. In der Zeit pumpst du die Muttermilch mit einer Milchpumpe ab. So erhält dein Kind deine wertvolle Milch und du erhältst die Milchproduktion aufrecht. Oft hat sich die Brust nach kurzer Zeit erholt, sodass dann weitergestillt werden kann. Alternativ kannst du auch Still- und Pumpmahlzeiten abwechseln. Viele Krankenkassen übernehmen bei Verordnung die Kosten für das Mieten einer Milchpumpe.
Wenn du dich über die Vor- und Nachteile von Muttermilch und Säuglingsnahrung informieren möchtest, schau doch mal in unserem Artikel Stillen oder Flasche vorbei. Dort haben wir viele Extra-Tipps für dich zusammengestellt. Sie helfen dir auch schon während deiner Schwangerschaft.
Meine Empfehlung für dich bei wunden Brustwarzen
Stillen wird oft als natürlichste Sache der Welt bezeichnet. Aber gerade in den ersten Wochen ist es ein Prozess, der gelernt und auch geübt werden will. Hole dir dabei Unterstützung. Das kann schon die erfahrene Still-Schwester in der Klinik oder dem Geburtshaus sein. Oder zu Hause deine Hebamme. Setze dich nicht unter Stress. Stillen funktioniert am besten in Ruhe und mit viel Haut-Kontakt. Gönn dir und deinem Baby eine entspannte Zeit im Wochenbett mit zahlreichen Kuscheleinheiten. Natürlich können schmerzende Brustwarzen auch noch nach Monaten auftreten, wenn sich eure Stillbeziehung bereits eingespielt hat. Es ist wichtig, den Ursachen genau auf den Grund zu gehen. Dabei helfen wieder deine Hebamme, ärztliche Beratung oder auch professionelle Still-Hilfe. Wenn du dafür die Expertise spezieller Still-Beraterinnen suchst, findest du zum Beispiel bei der LaLecheLiga oder auch der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen Betreuung in deiner Nähe.
- Mehr zum Thema lernst du in unserer Kategorie Stillen!